Viele interessiert es, was Pferde zum Thema “Einreiten / Jungpferdausbildung” zu sagen haben. Ganz besonders deshalb, weil vielen Lesern meiner Beiträge auffällt, dass die allermeisten Pferde keine großen Fans von dem sind, was wir als Training bezeichnen. Worte wie “Gymnastizierung”, “Horsemanship” und viele mehr stoßen mir sauer auf, weil die dazu geäußerten Botschaften der Pferde meistens keine guten sind. Dennoch finden sehr viele Pferde reiten gut und wünschen sich, ihren Menschen tragen zu dürfen. Wie soll es also gehen?
Der Schlüssel zu einer guten Zusammenarbeit mit dem Jungpferd liegt, wie immer, in der individuellen Kommunikation. Jedes Pferd ist individuell, so wie jedes Kind. Jedes Pferd hat ein anderes Lernverhalten und hat unterschiedliche Interessengebiete. Auch die Entwicklungsgeschwindigkeit ist ganz individuell, weshalb man sich, ganz besonders bei Jungpferden, im Training mit Pferden niemals an starre Techniken oder Vorgaben halten sollte. Es ist möglich, dass ein Jungpferd schon als Jährling wissenshungrig ist und am liebsten schon neben der Aufstiegshilfe einparken möchte und ein anderes noch völlig überfordert ist mit Ansprüchen an sein Verhalten. Gerade bei Jungpferden ist die ganzheitliche Wahrnehmung des Charakters und des Körpers immens wichtig, denn täglich kann seine Entwicklung komplett neue Aspekte und somit Probleme mitbringen.
Für Jungpferde gilt also: Hinsehen! Zuhören! Mitteilen! Niemals urteilen oder in Schubladen denken, was es wann können muss, darf oder soll. Es gibt immer einen guten Grund für das Verhalten jeden Pferdes und wer bei seinem Jungpferd ganz besonders gut zuhört, was seine Probleme oder Bedürfnisse sind, der schafft großes Vertrauen. Das Pferd lernt dann, dass es gehört wird, verstanden wird und dass es dem Menschen nicht egal ist, wie es ihm geht. Es lernt, dass man zusammen lernt. Wenn es sagen darf, wie es etwas machen möchte, steigert das seine Freude und Motivation um ein Vielfaches. Aus Freude und Motivation wächst ein selbstsicheres Pferd, welches stolz ist auf das, was man zusammen erarbeitet und erlebt. So ein Pferd wird sehr viel öfter “Ja” zu den Vorschlägen seines Menschens sagen, als ein Pferd, welches gelernt hat, dass es keine Wahl hat.
Ich kann also keine generellen Verhaltensvorgaben machen, was man wann oder wie mit seinem Jungpferd machen sollte. Was ich sagen kann ist, dass ganz egal, in welcher Richtung oder wie weit ein Pferd ausgebildet werden soll oder muss, es immer Raum gibt für Mitspracherecht des Pferdes. Und dass ein gehörtes Dressurpferd in Ausbildung immer noch um ein Vielfaches glücklicher sein wird, als ein ungehörtes Westernpferd in Ausbildung und so weiter. Wer also in gewissen Schubladen steckt, kann immer noch viel dafür tun, die gemeinsame Zeit für Pferd und Mensch zu verbessern und dem Pferd zu einem angenehmeren Leben zu verhelfen.
Wer in keiner Schublade steckt oder sich aus seiner befreien möchte, der hat es noch viel leichter. Denn je weniger du meinst, es so machen zu müssen, wie Menschen dir vor geben, umso einfacher wird es. Dein Pferd möchte nicht, dass du den perfekten Sitz hast, alle Theorien über Reitweisen kennst oder es gymnastizierst. Dein Pferd möchte, dass du dich entspannst und dich tragen lässt. Und dafür brauchst du nur: Mut, Empathie, Vertrauen und die Fähigkeit, mit deinem Pferd zu sprechen. Den Rest findet ihr dann gemeinsam raus. Es ist wirklich so einfach.